Sonntag, Juni 28

Teil 11

Nachdenklich setzt sich Flocki auf eine Wolke und fliegt weiter. Wie die Menschen so werken und sich abmühen, die Welt zu verändern.Sie nehmen die Gegebenheiten nicht einfach so hin wie die Tiere, sie wollen verändern zu ihren Gunsten oder nach ihrem Sinn. Und was sieht Flocki weit unten auf der Shima-Halbinsel an der Ise Bucht in Japan?
Da bemühen sich viele Priester einen Tempel zu versetzen!
                                           
Flocki lässt sich von der Wolke fallen und setzt sich auf eine wunderschöne Zeder. 
Hier sieht man tief in die Seele Japans. Der Ise Schrein ist einer der wichtigsten Shinto Heiligtümer in Japan, die wichtigste Wallfahrtsstätte. Alle 20 Jahre wird der Tempel versetzt! Er ist der älteste und neueste Tempel zugleich! Ins innerste Heiligtum dürfen nur Mitglieder der kaiserlichen Familie eintreten. 8 Jahre braucht es jeweils zur Tempelversetzung, wobei dann einige Zeit  zwei identische Tempel stehen bis zum Abriss des alten Schreins. Was soll dies denkt sich sich Flocki. Seit dem 6. Jahrhundert gibt es die Tempelversetzungsprozedur, alle 20 Jahre. Die genaue Ursache liegt im Dunkeln, aber man denkt sich, dass man so die Struktur der Bauwerke in ihrer ursprünglichen Form bewahren kann und die traditionellen Handwerkstechniken erhalten werden können. 
Flocki ist gerade zur Versetzung des Herzpfeilers gekommen, d.h. der Ueberführung des Hauptheiligtums in den neuen Tempel und dessen Weihung. Die Säule bezeichnet den genetischen Ursprung im Mittelpunkt des Himmels und der Erde. Sie ist das Symbol der Weltachse. Hier wurden alle Kami (Naturgötter) und das ganze Universum geboren.
Das Heiligtum ist der Sonnengottheit Amaterasu gewidmet. Im Schrein Inneren wird der heilige Spiegel aufbewahrt, mit welchem einst die Gottheit Amaterasu aus der Höhle herausgelockt wurde. Eine kaiserliche Prinzessin wurde beauftragt einen Schreinort zu suchen. Nach jahrelanger Wanderung fand sie Ise mit Hilfe des Götterwindes (Kamikaze).Erst viel später nach der Mongolenivasion erhielt der Ausdruck Kamikaze den militärischen Beigeschmack und schliesslich im 2. Weltkrieg den der "Kamikaze-Piloten"! Die kaiserlichen Insignien, der Spiegel und das Schwert wurden im Schrein Heiligtum aufbewahrt.
Die Wälder um die Schreine werden sorgfältig gepflegt. Zum Baumbestand gehören riesige Japanzedern und grossblättrige Steineiben. In langen Ritualen werden die Bäume vor dem Fällen jeweils geweiht.
Dieser periodische Neubau hatte natürlich auch den praktischen Grund, dass das Dach aus Schilfstroh, welches einem raschen Verfall anheim fiel, neu aufgebaut wurde, auch wollten die Verehrer  die Frische und Schönheit der alten Tempel erhalten.
Eine symbolische Herstellung der Ordnung findet so statt. Die Erneuerung des höchsten Heiligtums bedeutet zugleich  die Erneuerung der Herrschaft. Der Brauch, dass die Lebenden den Platz den Toten überlassen ist tief verwurzelt.
Flocki überlegt, dass es natürlich toll wäre, wenn dies überall so gemacht worden wäre, dann hätten wir heute noch authentische Gebäude aus dem Altertum. Das Kunstverständnis wäre ganz anders, es bräuchte keine Restaurateure für Kunstschätze etc. keine Begutachter etc.
Doch diese Gedankenspiele führen zu weit. Flocki geniesst noch etwas das bunte Treiben unten im Innern des Ise Schreines und beäugt die vielen Besucher und Wallfahrer, die nur die erste Umzäunung sehen! Alles andere sieht nur Flocki.

Dann begibt sich Flocki weiter auf seiner Fahrt in die Welt.