Mittwoch, Juni 3

Teil 5

Flocki sinniert weiter, schon graut der Morgen. Wunderschön geht die Sonne am Horizont auf und färbt den Himmel rötlich, bis dann das gleissende Sonnenlicht voll den Himmel durchdringt und die Welt wieder farbig macht.
Flocki kann gerade sitzen bleiben und zuhören. Denn genau unter ihr nimmt eine Familie Platz im Gartenrestaurant. Es sind Vater, Mutter und drei Kinder. Sie sind verschwitzt, fächeln sich Luft zu, die Kinder stöhnen, was für ein Aufstieg dies war mit dem Fahrrad, sie wollen nur noch geradeaus fahren. Der Vater in einer tollen Fahrradkleidung, topfit erklärt, dass dies gar nichts sei und sie nicht so Weicheier sein sollen. Dann hält er ihnen einen Vortrag übers Velofahren, Trainieren und Stärke zeigen. Die Mutter sagt gar nichts, denn als sie einmal kurz etwas einwenden wollte, heisst es harsch:"Lass mich jetzt fertig reden". Denn Kindern wird es langsam peinlich, sie rutschen auf ihren Stühlen herum. Dann endlich wird gefragt, was sie wohl trinken möchten. Alle möglichen Varianten werden durchdiskutiert, Coca Cola, Shorley, Sinalco oder doch lieber Sprite etc. Als endlich jeder weiss, was er will meint der Vater: "Ich hole mir einen gespritzten Radler und für euch eine grosse Flasche Wasser". Lange Gesichte, niemand sagt etwas. Die Mutter holt jedem ein Brot aus dem Rucksack und sie Warten auf die Rückkehr des Vaters.
Die Kinder albern über dieses und jenes, dann gebietet der Vater Ruhe und meint:" Jetzt sprechen wir mal über die Sommerferien. Wir haben fünf Wochen Zeit etwas zu unternehmen. Wir könnten zwei Wochen an einen Strand fahren". Die Kinder jubeln schon, doch dann heisst es weiter:" Woche 1 und 2 könnt ihr in ein Camp oder Lager gehen. Woche 3 und 4 werde ich im Geschäft gebraucht, Woche 5 gibts wieder Sommerlager." Die Mutter meint vage, sie könnte ja mit den Kindern ein Ferienhäuschen mieten in den Bergen.
"Lasst mich jetzt meine Ideen ausbreiten", poltert der Vater,"es gibt verschiedene Schullager. Sabine muss ihr Englisch verbessern und da gibt es genauso ein Englischlager mit Ausflügen und Schule kombiniert. Rolf handwerkelt gerne, er kann in einem Pfadilager nachschauen und Du, Minusch kannst in ein kreatives Bastellager, das die Schule anbietet". Nun geht ein Rumoren los unter der Familie. Sabine will auf keinen Fall in ein Englischlager, Rolf hat nichts mit Pfadi am Hut und Minusch hasst Basteln. Und alle wollen wissen, was dann mit den Strandferien sei. Die Mutter meint, dass sie ja noch Zeit hätten dies zu überlegen und Ausschau zu halten.
"So seid einmal still, jetzt spreche ich, ruft der Vater und klopft auf den Tisch, dass die Wassergläser tanzen. "An den Strand fahren wir nur, wenn es eurer Oma schlechter geht und wir sie besuchen müssen. Da müssen wir noch schauen. Sabine, wenn du kein Englischlager willst gibt es noch andere Literaturlager. Rolf soll sich in der Schule umhören für eine Sommerbeschäftigung und Minusch, was willst denn du?" Nun sagt Minusch kleinlaut, sie möchte in ein Waldlager gehen. "Waldlager, haha," lacht der Vater," was willst du denn im Wald, die Bäume wachsen sehen oder Rehkaki suchen und zusammenlesen, du musst etwas Sinnvolles machen". Minusch versucht nochmals zu insistieren, aber sie dringt nicht durch.
Die Mutter versucht erneut zu beschwichtigen, wird aber ruhig gestellt. "Also, jetzt werden Nägel mit Köpfen gemacht", sagt der Vater," Woche 1 und 2 gibt es Sommerlager, wir können das auch auf Woche 3 und 4 verschieben. Woche 5 können wir etwas zusammen radfahren gehen". Nun sagt Sabine, sie will Woche 1 und 2 ins Schullager und Woche 5 ins Turncamp gehen. Rolf will Woche 4 und 5 mit zwei Kollegen campen gehen und Minusch will partout Woche 2 und 3 ins Waldlager. Die Mutter meint sie würde mit einer Freundin und deren Kinder eine Ferienwohnung mieten in den Bergen.
Nun platzt dem Vater der Kragen, er schreit so laut, dass alle Gäste rundherum an den Tisch dieser Familie schauen. "Was wollt ihr denn eigentlich, ihr habt alles und wisst nie, was ihr noch dazu wollt". Dann wird er leiser und sagt:" Ich werde diese Sommerferien einteilen, Woche 3 und 4 bin ich im Geschäft, punkt Schluss", und er erhebt sich, nimmt sein Sportvelo unter den Hintern und pedalt los. Die Kinder erheben sich mit gebeugtem Haupt, murren leise und setzten sich auf ihre schönen neuen Fahrräder. Auch die Mutter zieht nach.

Zurück bleibt Flocki. Was soll sie von dieser Familie halten, materiell haben sie alles. Angebote gibt es im Ueberfluss, sie reden aneinander vorbei. Wie kann man Achtsamkeit und Einfühlungsvermögen einbringen? Flocki bleibt sitzen auf dem Baum. Sie ist traurig, alle Probleme der Welt können nicht gelöst werden.