Mittwoch, Juni 10

Teil 2


Die orientalische Platane von Bursa auch genannt die Platane von Inkaya steht inmitten der Stadt Inkaya im Bezirk der Millionenstadt Bursa in der Türkei. Die Platane ist über 600 Jahre alt, sie wurde gepflanzt um 1330 zu Beginn des osmanischen Reiches. Ihre Höhe ist über 35 Meter und der Stammumfang 9.2 Meter. Ein erhabenes Gefühl bemächtigt sich einem, wenn man unter diesem alten Baum steht. Der Baum hat soviel Kommen und Gehen gesehen. Die Platane ist ein Hauptbestandteil des Dorflebens geworden, er ist ein Symbol der 54 Kilometer entfernten  Grossstadt Bursa. Er wurde zu einer Hauptquelle des hiesigen Tourismus, kaum ein Reisender besucht Bursa ohne einen Ausflug zur Platane von Inkaya gemacht zu haben und unter ihrem mächtigen Blätterwerk einen türkischen Tee getrunken zu haben.
Die Stadt hiess in der Antike Prusa ad Olympum und wurde 188 v. Ch. gegründet. Dann wurde sie römische Provinz und  257 n. Ch. von den Goten geplündert. Eine Stadtmauer wurde errichtet. Seit 325 n. Ch. ist sie als Bistum belegt. Prusa war der Verbannungsort des Vetranio. In byzantinischer Zeit war Prusa für seine Thermalbäder bekannt, Kaiser hielten sich dort auf. 
Noch um 1900 stand der Baum auf weiter Flur allein. Jetzt ist er umrundet von einer lebhaften Stadt und doch strahlt der Ort eine herrliche Ruhe aus und wird von den Anwohnern geliebt und der Baum liebevoll gepflegt.
Der Ursprung des Baumes steht in Zusammenhang mit einem Traum des Sultans Osman Gazi, dem Gründer des osmanischen Reiches in welchem Bursa die erste Haupstadt war. Osman Gazi wollte die Christen in seinen erorberten Ländern schützen, weshalb er sein Reich rasch vergrösserte. Mit diesem Schutz und Respekt vor Fremden erntete er Sympathien, was von grosser Bedeutung für seinen Erfolg war.
Der Sultan sah in seinem Traum den Mond, der die Truhe von Shayak Edébali, dem Baba-Derwisch und spirituellen Berater von Osman Gazi erleuchtete. Nun verwandelte sich der Vollmond in eine Platane, die zu wachsen begann. Sie wurde mit riesigem grünen Laub geschmückt und der Schatten dieses Baumes umgab die ganze Welt. An den Seiten der Platane sah er vier Berge: den Balkan, das Stiergebirge, den Kaukasus und den Atlas. Aus den Wurzeln des Baumes entsprangen die Flüsse Tigris, Euphrat Nil und Donau. Boote segelten auf ihnen. Die Natur war abundant, die Ernten reichlich, die wohlhabenden Städte lagen auf den Hügeln ausgebreitet, die Minarette der Moscheen riefen zum Gebet. Der Klang der Gebete vermischte sich mit den Liedern der Vögel. Die Blätter des Baumes wuchsen und wuchsen. Dann träumte er weiter, dass ein starker Windstoss die Blätter nach Istanbul blies, welches die Form eines Ringes hatte. Der Sultan erwachte als er den Ring an seinen Finger legte. Am Morgen erzählte Osman Gazi seinen Traum dem Scheich Edébali, welcher ihn folgendermassen interpretierte: Osman wird der Ursprung eines Reiches sein, das sich auf drei Kontinente erstrecken wird. Die Ueberlieferung sagt, dass Edébali Osman weiter mitteilte, dass er als Gazi, also als Führer des Heiligen Krieges bestimmt sei und zukünftiger Weltenherrscher werde.
Sicher hat die Platane die Dynastiegründung und den Beginn des osmanischen Reiches erlebt.
Doch was hat sie seither erlebt, das bleibt unserer Phantasie vorenthalten.