Sonntag, Juni 21

Teil 2

Maria Magdalena war die Älteste von zehn Kindern. Das jüngste Geschwister war ein halbes Jahr älter als ihre eigene Tochter. Ihre Eltern waren arm. Sie hatten ein kleines Bauerngut, das die grosse Familie knapp zu ernähren vermochte. In der Nähe lag ein grosses Ried. 
Schon früh hatte Maria Magdalena ihrer Mutter beizustehen. Das Hüten von kleineren Geschwistern war für sie schon bald zu einer selbstverständlichen Aufgabe geworden. Daneben gab es immer auch Arbeiten im Hof, Haus und Garten zu erledigen: Das Ablesen von Beeren, das Abfädeln und Einmachen von Bohnen, der Gang zu den Kunden, denen ihr Vater als Nebenverdienst die Schuhe mit neuen Sohlen versehen hatte. Da blieb wenig Zeit für Schulaufgaben. Oftmals kam sie erst zur Ruhe, wenn all die Kleinen schliefen. Dennoch war Maria Magdalena nicht unglücklich. Sie wusste, wie wertvoll und im wahren Sinn des Wortes not-wendig ihre Hilfe war. Und ihre Eltern taten ihr Bestes, um ihrer Kinderschar eine fröhliche Jugend zu schenken. Musik, Gesang und Frohsinn erfüllten das Haus. Nach dem sonntäglichen Kirchgang nahm der Vater seine Geige aus dem Kasten und die Mutter die Handorgel.  Sie waren gute Sänger und begabte Musikanten. Oftmals kamen Verwandte und Nachbarn, so dass immer wieder ein stattlicher Chor zusammenfand. 
Das Bett hatte Maria Magdalena mit ihrer vier Jahre jüngeren Schwester zu teilen. Das war nicht immer so einfach und immer wieder gab es nächtliche kleine Kämpfe um das Kopfkissen. Aber es gab einem auch ein Gefühl der Geborgenheit, die Wärme der Schwester zu spüren.                                                                                    An ein Erlebnis erinnert sich Maria Magdalena ganz besonders gerne. Die Erinnerung daran zaubert noch viele Jahrzehnte später ein glückliches Lächeln auf das Gesicht der alten Frau.     
                                                   
 Es war an einem Maientag, als ….