Sonntag, Juni 14

Teil 3


Osman Gazi hatte zusammen mit seiner Frau sechs Kinder: Orhan, Çoban, Hamid, Melik, Pazarlı und Fatma Hatun. Im Jahre 1317 übertrug er den Oberbefehl an seinen Sohn Orham, der später Bursa eroberte. Im Gedenken an den Traum seines Vaters pflanzte Orham Ende Oktober 1330 einen kleinen Platanensteckling in die Erde. Es war ein kräftiger Trieb, den der Obergärtner von einem gesunden und  mächtigen Baum ausgewählt hatte. Eineinhalb Jahre alt war er und bereits leicht verholzt, als er in einer Länge von 30 cm vom Mutterbaum abgetrennt und in die Erde gesteckt wurde. Es war ein feierlicher Anlass, zu welchem die ganze Sippe und Freunde - gesamthaft 500 Menschen – eingeladen waren. Bis zum Morgengrauen umspielten Lachen, frohes Plaudern und schöne Klänge von Oud, Tanbur, Ney, Kanun und Darbuka das frisch gesetzte kleine Platanenzweiglein, das in der Folge, getragen durch das harmonische Geburtsfest, ein tiefes Wurzelwerk auszubilden vermochte.

Zur selben Stunde wurde im fernen San Gimigiano die Geburt des ältesten Sohnes Lorenzo Salvucci und seiner Gattin Maria Benediccta gefeiert.

Es war eine mühsame, eine schwierige Geburt gewesen, bis nach zwei Tagen Bangens, Betens und dem Anrufen von Heiligen, dem Einflössen von stärkenden Säften ein kräftiges Knäblein sich mit energischem, lautem Geschrei anmeldete. Da das Kind nicht mit dem Köpfchen voran im Becken gelegen hatte, musste die Hebamme das Ungeborene zurück in den Mutterleib bringen und dessen Position mit sorgfältigem Händedruck von aussen und innen zu wenden versuchen. Emilia war eine erfahrene Hebamme. Schon unzähligen Müttern und deren Kindern hatte sie mit ihrem Wissen und grossem Geschick das Leben gerettet. Wie erleichtert war sie, dass es ihr auch dieses Mal beschieden war, einem gesunden Kind den Weg in die Welt zu bahnen. Nun musste die Nabelschnur in einer Länge von vier Fingern abgetrennt und unterbunden werden. Anschliessend badete sie den Kleinen und rieb ihn mit zerriebenen Rosenblättern ab. Um den Mund zu reinigen sowie den Appetit des Säuglings anzuregen, strich sie ihm Honig auf Gaumen und Zahnfleisch. So, nun konnte dem stolzen Vater der Sohn Bernardo Franciscus Lorenzo in die Hände gelegt werden.                                                                                                                                                              Von den beiden hohen Türmen, die erhaben in Höhe ragten und die unnachahmliche Macht des Geschlechts Salvucci demonstrierte, kündeten in der Folge zehn Salutschüsse die erfreuliche Nachricht an und luden zu einem ausgelassenen Fest ein, das bis tief in die Nacht dauerte. Leise Lautentöne und Gesang drangen bis zum Schlafgemach von Mutter und Kind und schenkten beiden einen wohltuenden Schlaf.