Osman Gazi
hatte zusammen mit seiner Frau sechs Kinder: Orhan, Çoban, Hamid, Melik, Pazarlı und Fatma Hatun. Im Jahre 1317 übertrug er den Oberbefehl an seinen Sohn
Orham, der später Bursa eroberte. Im Gedenken an den Traum seines Vaters pflanzte
Orham Ende Oktober 1330 einen kleinen Platanensteckling in die Erde. Es war ein
kräftiger Trieb, den der Obergärtner von einem gesunden und mächtigen Baum ausgewählt
hatte. Eineinhalb Jahre alt war er und bereits leicht verholzt, als er in einer
Länge von 30 cm vom Mutterbaum abgetrennt und in die Erde gesteckt wurde. Es war ein feierlicher Anlass, zu welchem
die ganze Sippe und Freunde - gesamthaft 500 Menschen – eingeladen waren. Bis zum Morgengrauen umspielten Lachen, frohes Plaudern
und schöne Klänge von Oud,
Tanbur, Ney, Kanun und Darbuka das frisch gesetzte kleine Platanenzweiglein, das in der Folge, getragen durch
das harmonische Geburtsfest, ein tiefes Wurzelwerk auszubilden vermochte.
Zur selben
Stunde wurde im fernen San Gimigiano die Geburt des ältesten Sohnes Lorenzo
Salvucci und seiner Gattin Maria Benediccta gefeiert.
Es war eine mühsame, eine schwierige Geburt
gewesen, bis nach zwei Tagen Bangens, Betens und dem Anrufen von
Heiligen, dem Einflössen von stärkenden Säften ein kräftiges Knäblein sich mit energischem, lautem Geschrei anmeldete. Da das Kind nicht mit dem Köpfchen
voran im Becken gelegen hatte, musste die Hebamme das Ungeborene zurück in den
Mutterleib bringen und dessen Position mit sorgfältigem Händedruck von aussen
und innen zu wenden versuchen. Emilia war eine erfahrene Hebamme. Schon
unzähligen Müttern und deren Kindern hatte sie mit ihrem Wissen und grossem
Geschick das Leben gerettet. Wie erleichtert war sie, dass es ihr auch dieses
Mal beschieden war, einem gesunden Kind den Weg in die Welt zu bahnen. Nun musste
die Nabelschnur
in einer Länge von vier Fingern abgetrennt und unterbunden werden. Anschliessend
badete sie den Kleinen und rieb ihn mit zerriebenen Rosenblättern ab. Um den Mund
zu reinigen sowie den Appetit des Säuglings anzuregen, strich sie ihm Honig auf
Gaumen und Zahnfleisch. So, nun konnte dem stolzen Vater der Sohn Bernardo Franciscus
Lorenzo in die Hände gelegt werden. Von
den beiden hohen Türmen, die erhaben in Höhe ragten und die unnachahmliche
Macht des Geschlechts Salvucci demonstrierte, kündeten in der Folge zehn Salutschüsse die
erfreuliche Nachricht an und luden zu einem ausgelassenen Fest ein, das bis tief
in die Nacht dauerte. Leise Lautentöne und Gesang drangen bis zum Schlafgemach von
Mutter und Kind und schenkten beiden einen wohltuenden Schlaf.