Die Sonnenblume
Stolz steht sie da, die Sonnenblume, Helianthus annuus. Sie darf auch stolz sein und ihren Kopf hoch in die Luft strecken und herumgucken, hat sie doch besondere Fähigkeiten und Aufgaben bekommen. Das kam so:
Die Sonne veranstaltete einmal einen Wettbewerb unter den Blumen. Erkürt werden sollte die schönste und nützlichste Blume auf Erden. Sofort begann ein emsiges Treiben unter den Blumen. Alle putzten sich heraus. Die Rosen färbten ihre Blütenblätter nach und plusterten sich auf, sie versprayten ihr Parfüm, um Bestäuber anzuziehen. Die Tulpen stellten ihren Kelch auf und schliffen Spitzen in die Krone zur Abwehr von Insekten. Die Kerbel legten ihre Dolden flach, damit die Fliegen gut landen konnten. Die Löwenmäulchen richteten sich auf und ölten ihre Gelenke, dass bei einem Hummelbesuch ja die Klappe aufging. Die Ragwurze zeigten ihr Mimikri, damit die Bienen-, Fliegen- oder Hummelnmännchen getäuscht werden konnten und ihren Pollen verteilten.
So machte sich jede Blume für den Wettbewerb bereit. Nur die Sonnenblumen standen einfach da mit ihrer gelben Krone und schauten und schauten. Über den Tag drehten sie sich einmal um 180 Grad und sahen so die ganze Welt. Sie erzählten der Sonne, was jede Blume machte und welche Nützlichkeit sie sich zurechtlegte. So wurde die Sonne mit den neuesten Nachrichten versorgt. Diese Sonnenblumenspäher oder Sonnenblumenspione konnten der Sonne alle Gerüchte aus der Sicht hoch oben, aber auch von unten weitergeben. Denn es gab auch kleine Helianthusarten. Die Sonnenblumen mussten nur schauen und spähen. Immer blickten sie die Sonne an. Am Morgen schauten sie nach Osten und drehten sich langsam gegen Westen. Sie verteilten feinen Nektar für die Bestäuber und, wenn dann ihre vielen Kernen heranreiften, kamen die Vögel und hatten ihren Schmaus. Auch die Menschen geniessen das feine Oel aus ihren Kernen und für den Winter werden die Kerne gesammelt für die Wildvögel. Dann wird die, von der Sonne gespeicherte Energie weitergegeben.
Die Sonne war beeindruckt von der Leistung der Sonnenblumen und natürlich auch geschmeichelt, dass diese sich dauernd nach ihr richteten. So erkürte die Sonne die Sonnenblume zur Gewinnerin und die Sonnenblumen wuchsen gerade noch ein Stück weiter in den Himmel, so stolz waren sie.
Die anderen Blumen waren natürlich beleidigt, dass nicht sie mit ihrem feinen Parfüm oder ihren vielen Blütenblättern gewonnen hatten. Und sie begannen sich Schikanen gegen die Sonnenblume auszudenken. Aber dies sind andere Geschichten .....................................