Montag, August 31

Teil 7

Und weiter ging die Pilgerreise durch die Wüstenlandschaften Syriens. Sie wanderten vorbei an antiken Ruinenfeldern nach Damaskus. Stets mussten sie sich um den Proviant und die Verpflegung kümmern. Der Landweg ist viel aufwändiger als die Seereise meinte der Onkel zu Bernardo. Aber, wenn man Handel treiben will, bleibt einem nichts anderes übrig. Den Rückweg werden wir dann zu See von Jaffa aus unternehmen. 

In Damaskus verweilten sie längere Zeit zum Handeln mit einer Gruppe venezianischer Kaufleute. Dort sahen sie auch den Johannisbrotbaum und der Onkel erzählte Bernardo, dass die Samen dieses Baumes als Ursprung der Gewichtseinheit Karat gelten.

"Denn diese Johannisbrotbaumsamen zeigen ein ungewöhnlich einheitliches Gewicht eines Karates also rund 200 mg. Früher waren sie eine Wägeeinheit für Diamanten." 
Wieder hatte sich eine Gruppe Reisender zu ihnen gesellt und hörte den Worten des Onkels zu. "Der Johannisbrot- oder auch Karuben- oder Bockshörndlbaum ist immergrün und sehr trockenresistent. Seine Hülsenfrucht oder Johannisbrotschote ist etwa 10 bis 30 cm lang und enthält diese grossen Samen, jeweils 10 bis 15. Das Fruchtfleisch ist sehr aromatisch. Die Schoten werden getrocknet und fein gemahlen, das Mehl, auch Carob genannt, wird als Kaffersatz gebraucht. Es enthält viele Mineralien und Ballaststoffe.Die Kerne werden zu Johannisbrotkernmehl vermahlen und als Verdickungsmittel verwendet. Ein Baum kann spielend bis 100 kg Früchte liefern. Auch in der Medizin bei Diabetes oder hohem Cholesteringehalt kann das Johannisbrotmehl eingesetzt werden. Auch das Holz kann vielfältig verwendet werden.

Es gibt zwei Legenden über den Namen Johannisbrotbaum. Erstens sei der Johanniterorden an der Verbreitung dieses Baumes beteiligt gewesen und zweitens hat sich Johannes der Täufer während seines Wüstenaufenthaltes von den Früchten und Samen dieses Baumes ernährt." 

Nun ist aber genug erzählt, meinte der Onkel und die Reisenden begaben sich zur Ruhe. Bernardo freute sich auf die folgenden Tage, waren sie doch bald am ersehnten heiligen Ort.

Am nächsten Morgen begaben sich Bernardo und sein Onkel mit dem voll beladenen Esel auf die weitere Pilgerreise. Nach einem kleine Anstieg ins Gebirge konnten sie im Schatten der Libanon Zedern wandern.

Diese Zedern gehören zu den meist genutzten Baumarten. Sie wurden schon in der Antike zu Palast und Tempelbau verwendet. Auch zum Schiffbau und Möbelherstellung ist diese Zedernart sehr gefragt. Ebenfalls zur Zellstoffherstellung eignet sie sich gut. Das Kienöl der Zedern wird in der Volksmedizin bei Hautkrankheiten und zur Wundbehandlung verwendet. Die Phönizier erklärten die Libanon Zeder zur Königin des Pflanzenreiches. Auch in der Bibel ist sie erwähnt. Mit diesen Erklärungen des Onkel  erreichten sie Jordanien und schliesslich ging es durch biblische Landschaften bis zum Ziel ihrer Wallfahrt: Jerusalem.

Bernardo und sein Onkel freuten sich in ihrer letzten Herberge auf das heilige Land. Doch hier wimmelte es von Pilgern, Händlern und örtlichen Zöllnern. Überall mussten sie "Einreisegeld" bezahlen. Auf dem Weg zu den Pilgerstätten wurden sie von der einheimischen muslimischen Bevölkerung beschimpft und mit Steinen beworfen. Und endlich vor Jerusalem durften sie auch nicht direkt zu den Sehenswürdigkeiten, sondern mussten erst dem Gouverneur der Stadt eine beträchtliche Summe entrichten, um die Erlaubnis zur Besichtigung der Grabeskirche und der anderen heiligen Stätten zu erhalten.

Doch Bernardo und sein Onkel waren hartnäckig und hielten an ihrem Ziel fest. Sie erholten sich von all den Strapazen und besuchten demütig die heiligen Orte. Auch die Olivenbäume im Garten Gethsemane sahen sie sich an.

Mit den silbrig grünen Blättern gehören diese Bäume zu den ältesten der Welt. Am Fusse des Ölberges blieben sie ehrfürchtig stehen und schauten sich diese alten Gewächse an. Vielleicht hatte Jesus diese Olivenbäume schon gesehen? 

Nach fast einem  Jahr in der Ferne machten sich die beiden auf die Rückreise nach Hause. Den treuen Esel liessen sie in Jaffa zurück und bestiegen im Hafen das Schiff. 

Die Reiseroute führte über Zypern, Rhodos, Kreta, Korfu durch das ionische und adriatische Meer in heimaltliche Gefilde nach Venedig. Von dort waren sie bald wieder im vertrauten San Gimignano, wo der Onkel Bernardo wohlbehalten und nun als erwachsener  Jüngling seiner Familie übergab.