Teil 11
Nach drei Tagen ruhiger Fahrt gelangten sie in eine kleine
Bucht. Hier war ihr Ziel: Der undurchdringliche Wald, von dem Unicorno geträumt
hatte und in welchem der garstige Oberzauberer Mufti die
liebliche Rosalba gefangen hielt. Um die zarte Fee noch mehr zu verängstigen,
hatte Mufti sie aus der Hütte geholt und in eine von Ungeheuern bewohnte
Zaubergruft gesperrt. Vor der Öffnung stand drohend Nidala, der Rosalba zu bewachen hatte. Überall züngelten Drachen. Es waren nicht mehr
verzauberte Prinzessinnen, sondern echte, boshafte Lindwürmer. Verängstigt
kauerte Rosalba in einer Ecke. Wie sehr hoffte sie auf Unicorno. Er war der
Einzige, der ihr helfen konnte. Aber wusste dieser überhaupt, dass sie nicht
mehr im Feenland war! Beim Gedanken, dass Unicorno wahrscheinlich keine Ahnung
von ihrem Verbleib hatte, wurde Rosalba ganz traurig. Mutlos hielt sie den Kopf
gesenkt. Unmöglich konnte sie ohne fremde Hilfe von diesem grässlichen Ort
fliehen. Alle grünen Drachen halfen Nidala bei der Wache. Nie schliefen alle
miteinander. Während Rosalba immer trauriger und verzweifelter und noch
trauriger wurde, kämpften sich Conrad und Unicorno durch den dichten, beinahe
undurchdringlichen Urwald. Plötzlich gelangten sie zu einer Lichtung mit einer
Felsgrotte. Davor stand ein blauer Kerl! Nidala sprach mit jemandem in der
Höhle. Pscht! Leise schlichen sich die beiden näher. Während Unicorno sich
immer mehr dem Eingang näherte, versteckte sich Conrad hinter dichten Lianen.
«Ha, ha», hörten sie
Nidala höhnisch lachen, «nicht wahr, das ist eine schöne Wohnung, in die dich
Mufti gesteckt hat. Aber lieg nicht so faul rum, du musst alles schön reinigen,
da heute Abend der Oberzauberer zu Besuch kommt. Da muss alles blitzblank sein!
Hopp, an die Arbeit.» Als Unicorno hörte, wie frech Nidala mit der lieben
Rosalda sprach, murmelte er leise: RESSAWRETUÄRK UZ KNARTREBUAZ….
Wie lustig: Alle ausser der Fee versanken augenblicklich in
einen tiefen Schlaf. Als sie hörten, wie laut Nidala schnarchte, mussten alle drei
lachen. Wie lustig das tönte. Erst jetzt erblickte Rosalba Conrad und das
wunderschöne buntfarbene Einhorn. Glücklich richtete sie sich auf und kam
strahlend auf Unicorno zu. «Wie schön, dass du gekommen bist! Ich habe dich
sehnlichst erwartet! Wie hast du mich gefunden? Weshalb weisst du, dass ich
nicht mehr im Feenland bin? Weshalb schlafen plötzlich alle?» Sie hatte viele,
viele Fragen. Aber die beiden Retter drängten zum Aufbruch. Sie wussten nicht,
wie lange das Zaubermittel wirkte. «Komm, schnell! Setz dich auf mich und nimm
Conrad auf deinen Schoss. Wir müssen uns beeilen!» Schon sprang Unicorno in
langen Sätzen auf dem vorgebahnten Weg zurück zum grossen Meer.