Sonntag, Juni 21

Teil 5


All die böswilligen Rivalitäten unter seiner Familie und der Familie Ardinghelli kümmerten den kleinen Bernardo Franciscus Lorenzo nicht. Friedlich lag er in seinem weichen Wiegenbett. Auch später hörte er lieber Geschichten vom Heiligen Land, das immer wieder von den Heiden entweiht worden war, indem sie nicht nur christliche Stätten verwüsteten, sondern auch muslimische Übergriffe auf christliche Pilger stattfanden, um ihnen den Zugang zu den Heiligtümern zu verwehren. Gebannt lauschte er neben dem Zürgelbaum, der zu seiner Geburt in als Steckling in die Erde gesetzt worden war, den Erzählungen, wie 1070 der türkische Stamm der Seldschuken grosse Gebiete im Nahen Osten erobert und dabei auch Jerusalem eingenommen und unter die Kontrolle gebracht hatte. Wie 1095 Urban II. auf dem Konzil von Clermont dazu aufgerufen hatte, die heiligen Stätten für die Christenheit zurückzuerobern und1096 brach eine Armee aus französischen, lothringischen und normannischen Rittern zum eigentlichen 1. Kreuzzug aufgebrochen war. Neben religiösen Motiven hatte sie auch die Hoffnung auf neue Ländereien getrieben. 1099 erreichte das Heer Jerusalem, wo es ein entsetzliches Blutbad unter der muslimischen und jüdischen Bevölkerung anrichtete. 1100 wurde das Königreich Jerusalem ausgerufen. In der Folge entstanden Kreuzfahrerstaaten in Palästina, Syrien und Kleinasien, nämlich Edessa, Antiochia und Tripolis. Nachdem Edessa 1147 unter Emir von Mossul erobert worden war, wurde zum zweiten Kreuzzug aufgerufen, der jedoch als militärischer Misserfolg scheiterte. 1187 besetzte Saladin, Sultan von Syrien und Ägypten, Jerusalem. Der darauf folgende dritte Kreuzzug fand 1989 mit Beteiligung des römisch-deutschen Kaisers Friedrich I. Barbarossa, Richard Löwenherz von England und Philipp II. August König von Frankreich statt. Auch er endete mit einer Niederlage und Jerusalem blieb muslimisch. Es folgten weitere Kreuzzüge. Schliesslich gelang es Kaiser Friedrich II. 1229 dank Diplomatie während  des fünften Kreuzzugs, Jerusalem für die Christen zu gewinnen.
All diese Berichte liessen im empfindsamen, tief gläubigen Knaben schon früh den Wunsch aufkommen, in die Heilige Stadt zu reisen. Nach vielem Drängen gab der Vater schliesslich seinem Wunsch nach und der 12-jährige Bernardo Franziskus Lorenzo durfte einen Handelsfreund der Familie auf seiner Reise nach Bursa begleiten, wo dieser wegen des Safrananbaus in geschäftlichen Verbindungen stand. Es war ein nebliger Aprilmorgen, als ihn Don Pedro Albizzi abholte. Er trug die Kleidung eines einfachen Landmannes. Auch Bernardo war mit Hemd und Hosen eines Bauernjungen bekleidet. Getarnt als mittellose Leute traten sie die lange, beschwerliche und gefährliche Reise an.